Als ich an Deck komme, scheint die Sonne und wir liegen immer noch im Packeis. Gestern nach unserer Begegnung mit dem Bären hat uns unser Kapitän eine ruhige Nachtruhe versprochen und den Motor abgestellt und das Schiff einfach mit dem Packeis driften lassen. Heute Morgen sieht es um uns herum ganz anders aus als gestern Abend. Wir sind über zehn nautische Meilen durch die Strömung und dem Wind getrieben worden.
Nach dem Frühstück wird wieder der Motor gestartet und wir fahren aus dem Packeis hinaus, was ein wenig dauert, da wir die großen Schollen brechen oder verschieben müssen. Es ist ein ganz besonderes Erlebnis, wie sich das Schiff voranschiebt.
Wir erreichen offenes Wasser und setzen unseren Kurs nach Osten fort. Es ziehen immer wieder Nebelfelder durch und die Aussicht auf das Eis bleibt faszinierend. Wir passieren noch Ocean Albatros, ein viel größeres Expeditionsschiff und sind wieder einmal froh das wir nicht vom Eis limitiert sind wie diese „Kollegen“.
Wir fahren am festen Packeis entlang immer auf der Suche nach Eisbären. Die Sonne scheint noch am Vormittag, doch als wir einen weiteren Eisbären sichten, obwohl nicht wirklich, da er mit bloßem Auge nicht zu sehen ist und im Schnee liegt, kommt Nebel auf und wir beschließen zu warten, ob vielleicht noch was passiert und das Tier sich dem Schiff nähert. Ich nehme erst einmal eine Dusche, wenn das Schiff schon einmal so ruhig im Eis liegt. Dann warten wir den Nachmittag ab. Am frühen Abend kommt Rene rein und teilt uns mit, dass der Bär sich nun in unsere Richtung bewegt. Wir ziehen alle jetzt unsere Jacken an, machen uns fertig und bringen die Kameras in Stellung. Das Warten hat sich mal wieder gelohnt. Der Bär kommt neugierig näher und inspiziert uns nach einer Weile aus nächster Nähe. Bewegt sich hin und her und vor und zurück. Legt sich schließlich an die Eiskante und scheint ein Nickerchen zu machen. Steht aber kurz danach wieder auf und bewegt sich wieder um das Schiff. Dann scheint er das Interesse an uns zu verlieren und läuft auf der anderen Seite die Eiskante entlang. Nun kommt auch noch für einen Moment die Sonne raus und wir können den Bären in einiger Entfernung noch eine ganze Zeit beobachten. Es setzt sich auch noch eine Elfenbeinmöwe daneben, die nur extrem selten zu sehen ist, weil es auf Svalbard wohl nur rund hundert Paare gibt.
Niemand hat während dieser Stunde auch nur ein Wort gesprochen, weil die ganze Situation derartig einzigartig war, dem größten Landraubtier gegenüberzustehen und es beobachten zu können.
Nachdem wir uns wieder aufgewärmt hatten, gab es auch schon wieder etwas zu essen. Die Zeit fliegt nur so davon. Aber wir können ja noch die ganze „Nacht“ bei Tageslicht nutzen. Was wir auch nach dem Abendessen noch machen. Wir kommen noch an einer Ringelrobbe vorbei, die auf dem Eis liegt und nicht so recht weiß, was sie tun soll, als wir näherkommen.