Nachdem ich alles zusammengepackt habe, starte ich zu meiner großen Fahrradtour. Ich will herausfinden, ob meine fixe Idee, mit dem Rad an die Nordsee zu fahren, funktionieren kann. Ich habe mir dazu ein Zeitfenster vorgenommen, aber alles andere ist offen und ich will von Tag zu Tag schauen, wie es geht.
Für die nächsten Tage jedenfalls ist das Wetter warm und schön vorhergesagt. Also beste Voraussetzungen. Am Morgen ist es jedoch doch noch recht kühl, als ich mich aufs Rad schwinge und die ersten Meter zurücklege, die zudem recht schwerfallen. Hätte ich doch was Langärmliges mitnehmen sollen? Ich beschränkte mich beim Gepäck auf das Minimum und muss eben vielleicht was kaufen, sollte was fehlen.
Zuerst radle ich das Glemstal hinunter, um auf dem Weg an den Neckar ein paar Kilometer abzukürzen. Vom gestrigen Regen ist der Weg noch recht feucht und es sind laufend Pfützen zu umfahren. Der naturbelassene Abschnitt der Strecke ist recht schlammig, aber ich komme gut durch und erreiche bei Unterriexingen die Enz. Nun folge ich dem Enztalradweg, an Bietigheim vorbei, bis zur Mündung in Besigheim. Zwischendurch muss ich noch einen kleinen Umweg in Kauf nehmen, weil der Radweg gesperrt ist. So ist der Neckar recht zügig erreicht. Dabei kommt es mir noch gar nicht so vor, als würde ich auf eine große Reise gehen, sondern eher wie ein Sonntagnachmittagsausflug.
In Besigheim mache ich erst einmal eine längere Pause und esse etwas. Dann folge ich dem Lauf des Neckars auf dessen Radweg. Die Umgebung ist mir ja wohlbekannt, so dass ich versuche, heute etwas Strecke zu machen. So lasse ich am Nachmittag die Stadt Lauffen am Neckar hinter mir. Den ersten Anstieg dort aus dem Tal heraus habe ich auch gemeistert und nun nähere ich mich Heilbronn. Als ich die Stadt erreiche, lege ich noch eine längere Pause ein. Da ich jetzt abschätzen kann, dass ich es in einer Stunde noch nach Bad Wimpfen schaffe, schaue ich nach einer Unterkunft und buche mir ein Zimmer in der Altstadt.
Mir geht so langsam die Puste aus. Hätte wohl doch mehr trainieren sollen. So erreiche ich Bad Wimpfen und bin froh, dass ich die erste Etappe hinter mir habe. Zuerst erstmal eine Dusche und Ausruhen. Danach suche ich ein Restaurant. Das Wetter ist sonnig und warm, sodass ich draußen sitzen kann. Die erste Etappe ist damit geschafft und ich bin aus dem direkten Umfeld der Heimat hinaus und werde ab morgen auf unbekanntem Terrain radeln.
Heute steht die Etappe über den Odenwald an. Ich bin sehr gespannt, ob es klappt. Es wird wieder ein sommerlicher Tag, weshalb ich mich früh auf den Weg mache. In den Morgenstunden lege ich die Strecke im Neckartal bis Mosbach zurück. Den Neckar verlasse ich dann in Mosbach und wechsle auf den Neckar-Main-Radweg, der durch den Odenwald führt. Ich hatte im Vorfeld den Radweg auf der Karte gesehen und dachte, dass es wohl der beste Weg ist, den Odenwald zu überwinden und an den Main zu gelangen.
Zuerst folgt der Radweg dem Lauf der Elz und führt anschließend über eine ehemalige Schmalspurstrecke, die sogenannte Wander-Bahn, immer tiefer in den Odenwald hinein und nach Mudau hoch. Der Radweg ist sehr gut ausgeschildert, sodass ich einfach wie früher den Schildern nachfahren kann. Die Strecke steigt kontinuierlich an und besitzt keine verlorenen Höhen, was Radfahrer zu schätzen wissen. Zudem ist weit und breit kein Straßenverkehr vorhanden, der irgendwie stören könnte. Zwischendurch mache ich immer mal wieder einen kurzen Stopp, schaue mir ein kleines Wasserrad an, genieße den Blick von einer Brücke oder höre dem Singen der Vögel im dichten Wald zu. Nach rund dreißig Kilometern erreiche ich nach dem Mittag Mudau, den höchstgelegenen Ort auf der heutigen Strecke.
Da bereits die zweite Tageshälfte angebrochen ist, gehe ich im Supermarkt erst einmal Getränke einkaufen und mache Mittag. Ich spüre meinen Hintern sehr und ich überlege kurz, ob ich vielleicht hier übernachten und die Abfahrt hinunter ins Maintal morgen machen soll. Aber es gibt keine geeignete Unterkunft in diesem Ort, weshalb ich mich dazu entschließe, doch wie geplant nach Miltenberg an den Main runterzufahren. Die Abfahrt macht Spaß, da der Radweg separat von der Straße durch den Wald führt. Die letzten Kilometer jedoch ziehen sich ein wenig in der Wärme des Nachmittags. Ich übernachte in einem Gasthaus und schaue mich noch ein wenig im kleinen, schmucken Fachwerkstädtchen um. Im Anschluss genieße ich heute in einem Biergarten ein Bier, welches ich mir nach der schweren Etappe verdient habe. Es ist ein gutes Gefühl, nach zwei Tagen bereits heute den Blick über den Main schweifen lassen zu können. Als ich Hunger bekomme, gehe ich zum Essen ins Gasthaus „Der Riesen“ und genieße die jahrhundertealte Tradition dieses Hauses.
Das Wetter ist immer noch ideal zum Radeln. Ich nehme mir heute eine sehr kurze Etappe nach Wertheim vor. Der Hintern scheint sich langsam an den Sattel zu gewöhnen. Die Landschaft ist wunderschön und ich sitze zwischendurch ein paarmal etwas länger am Main und genieße die Aussicht.
Kurz vor Wertheim stoße ich noch auf eine Veranstaltung, die sich auf Nachfrage als öffentliches Gelöbnis der Bundeswehr herausstellt. Da ich sowas noch nie erlebt habe, bleibe ich und verbringe die Zeit bis zur Vereidigung, indem ich mir die ausgestellten Fahrzeuge anschaue und auch am Feldgottesdienst teilnehme.
Dann beginnt die Vereidigung, indem die Rekruten antreten. Natürlich gibt es bei dieser Zeremonie viele Reden der Prominenz aus Bundeswehr, Politik und den Blaulichtfraktionen, die alle den Staat repräsentieren, auf den die Rekruten dann geloben. Zwischendurch spielt immer wieder das Heeresmusikkorps der Bundeswehr einen Marsch oder zum Ende, nach dem Gelöbnis, auch die Nationalhymne.
Was jedoch für mich erschreckend ist, ist, dass wohl mehr als zehn Rekruten einfach umgekippt sind. Ich weiß nicht, ob das üblich ist, dass mehr als 10 % keine Stunde stehen können. Aber das hätte ich jetzt nicht erwartet. Die Bundeswehr wohl schon, denn hinter den angetretenen Soldaten standen von Anfang an ein halbes Dutzend Sanitäter, welche die betroffenen Soldaten unterstützt und weggeführt haben.
Nach dem feierlichen Gelöbnis fahre ich auf die andere Seite des Mains nach Wertheim und nehme erst einmal eine Dusche im Hotel. Anschließend schaue ich mir die Altstadt an und gehe zur Burg hinauf, wo ich in der Burg-Gaststätte den Blick schweifen lasse.
Ich mache mich auch heute wieder so früh wie möglich auf den Weg, da es im Verlauf des Tages wieder zu sommerlichen Temperaturen kommen wird. Die Strecke durch das Maintal ist flach und angenehm zu radeln. Was mir jedoch auch schon in den letzten Tagen aufgefallen ist, ist, dass fast nur noch Radler mit E-Bike unterwegs sind. Ich gehöre mit meinem Bio-Bike also einer aussterbenden Art an. Aber am Ende des Tages finde ich es dafür auch viel zufriedenstellender, die Strecke aus eigener Kraft bewältigt zu haben.
Nach rund zwei Stunden erreiche ich Marktheidenfeld und treffe dort Christian wie zuvor verabredet. So radeln wir zusammen nach Lohr am Main, wo ich mein Rad bei ihm unterstellen kann. Ich unterbreche meine Tour heute Abend und fahre mit der Bahn nach Hause, denn ich bin übermorgen zu einer Hochzeit eingeladen.
Da es auch heute keine lange Strecke war, sind wir bereits vor dem Mittag in Lohr und gehen noch auf ein Dorffest, auf dem es erst einmal ein original bayerisches Weißwurstfrühstück mit einem Weißbier gibt. Dann schlendern wir noch durch Lohr am Main, bevor ich mich verabschiede und mit der Bahn wieder an meinen Ausgangspunkt zurückfahre.
Ich fahre mit dem Auto nach Hildesheim, um es dort am Bahnhof abzustellen, weil ich glaube, dass Hildesheim ein Ort ist, den man im Regionalverkehr der Bahn von vielen Orten in Norddeutschland gut erreichen kann, und die Parkplatzgebühren nicht exorbitant hoch sind. Ich habe mich dazu entschlossen, das Auto im Norden abzustellen, weil man das Rad nur im Regionalverkehr der Bahn problemlos, sprich ohne Reservierung, mitnehmen kann. Damit kann ich das Rad am Schluss einfach ins Auto legen und direkt heimfahren.
Denn wie ich recherchiert habe, braucht man im Regionalverkehr der Bahn rund zwei Tage, um wieder in den Süden zu kommen. Darauf hatte ich keine Lust.
Ich komme gut voran, stelle das Auto wie geplant am Bahnhof ab und fahre im Fernverkehr der Bahn wieder nach Lohr, wo ich bei Christian übernachte und morgen dann erneut starten werde.
Ich hatte heute Morgen einen früheren Start, da Christian zur Arbeit ging. Das Wetter ist toll, aber noch sehr frisch heute Morgen. Ich radle den Main entlang. Es ist alles recht ruhig. Die Stille wird nur von ein paar zwitschernden Vögeln durchbrochen. Auf dem Fluss, der spiegelglatt daliegt, ist nur ein einziger Lastkahn unterwegs, der die morgendliche Ruhe ein wenig stört. Als ich dann Gemünden erreiche, komme ich an einem Gasthaus vorbei und frage, ob sie auch ein Frühstück für Nicht-Übernachtungsgäste anbieten. So mache ich erst mal Pause und genieße ein gutes Frühstück, denn hier in Gemünden verlasse ich den Main und biege in das Sinntal ab, welches ich nun hinauffahre, um die Rhön zu überqueren. Der Sinntal-Radweg verläuft abseits der Straße und die Landschaft ist sehr idyllisch. Ich habe sogar etwas Rückenwind. Die Steigung ist zu Beginn moderat und ich komme gut voran. Da es immer noch Vormittag ist, liege ich sehr gut in der Zeit und kann mir ein paar Pausen leisten.
Wie ich sehe, wurde die Schnellfahrstrecke der Bahn zw. Würzburg und Fulda entlang dieses Tals gebaut, denn die Strecke ist immer wieder zu sehen. Ich passierte Burgsinn, Mittelsinn und auch Obersinn. Ab Jossa werden die Anstiege etwas steiler. Vor Oberzell mache ich eine längere Pause und esse was zu Mittag. Dann geht es zum Schlussanstieg, der gleich hinter Ziegelhütte beginnt und drei Kilometer zur Wasserscheide hochführt. Ich fahre im kleinsten Gang und bin sehr erleichtert, als ich oben an einem Wanderparkplatz ankomme. Ausgepumpt setze ich mich erst einmal in den Schatten und muss durchatmen.
Damit habe ich heute doch wirklich meine Königsetappe über die Rhön geschafft. Ich reserviere mir telefonisch ein Zimmer unten an der Fulda, wohin es jetzt noch rund zwanzig Kilometer sind. Es ist noch früh am Tag und ich lasse mir viel Zeit. Genieße auf einer Bank am Wegesrand die Landschaft, den Wind und die Ruhe bei sehr angenehmen Temperaturen. Mir macht die Tour bisher sehr viel Laune.
Heute habe ich auch wieder viele Vögel gesehen, wie bisher fast an jedem Tag. Rotmilane, Falken, Störche und sogar drei Grünspechte, dazu Fischreiher und zahllose Singvögel. Immer wieder schön. Schade, dass ich die Kamera mit dem großen Objektiv nicht dabei habe. Hätte sicherlich gute Bilder gegeben. Unterwegs zu sein mit dem Rad hat einfach den Vorteil, dass man immer wieder die Gelegenheit hat, am Straßenrand halten zu können, um die Landschaft zu genießen und viel bewusster wahrzunehmen.
Am Abend gehe ich in einem griechischen Restaurant essen, als kurz nach mir ein Radler reinkommt, den ich heute auf der Strecke gesehen habe. Ich sage kurz Hallo und er setzt sich zu mir an den Tisch.
Rainer und ich hatten dann einen lebhaften Abend, denn er radelt von Ludwigsburg auf der gleichen Strecke an die Nordsee. Er hat aber einen strafferen Zeitplan als ich, so dass sich unsere Wege wohl morgen trennen werden.
Ich fahre etwas später los als gestern, weil die zehn Kilometer nach Fulda schnell geschafft sind. Denn ich möchte auf dieser Tour nicht nur radeln, sondern mir auch noch Zeit nehmen, um ein paar Sehenswürdigkeiten entlang der Strecke zu besichtigen. Deshalb schaue ich mir nun die Altstadt und den Dom von Fulda an, der in der Kirchengeschichte von großer Bedeutung ist.
Anschließend mache ich mich wieder auf den Weg und orientiere mich wie bisher an der sehr guten Beschilderung. Was ich aber erst eine Stunde später gemerkt habe, ist, dass ich in die falsche Richtung fahre. Die Strecke wurde immer hügeliger und den Fluss hatte ich auch schon länger nicht mehr gesehen. Als ich dann auf die Karte geschaut habe, ist mir mein Fehler aufgefallen. Ich folgte einfach der Beschilderung nach Großenlüder in der fälschlichen Annahme, dass es die nächste größere Stadt an der Fulda ist.
Ich finde jedoch glücklicherweise durch ein Seitental der Fulda einen Weg zurück auf den Fuldatalradweg, so dass ich nicht mehr zurückfahren muss und es somit im Ganzen nur ein kleiner Umweg war. Sowas kann passieren, wenn man den falschen Schildern hinterherfährt und nicht genau schaut, welche Stadt als Nächstes auf der Route liegt.
Als ich wieder auf dem Fuldatalradweg bin, taucht von hinten ein anderer Radfahrer auf, der mich beim Fotografieren oder eher beim Knipsen gesehen hat, und spricht mich an. Wir kommen ins Reden und so hatte ich für eine halbe Stunde auf den nächsten Kilometern gute Unterhaltung. Als er sich verabschiedet hatte, mache ich Mittagspause und organisiere mir eine Übernachtung in Bad Hersfeld.
Am Nachmittag nimmt der Wind immer weiter zu und kommt von der Seite, von vorne und manchmal auch von hinten.
Obwohl es heute keine außergewöhnlich lange Strecke war, war es anstrengend und ich bin froh, als ich angekommen bin, obwohl ich auf den letzten zehn Kilometern noch kräftigen Rückenwind hatte. Es war richtig angenehm, so stark geschoben zu werden. Morgen soll es noch mehr Wind geben. Ich kann nur hoffen, dass er für mich aus der richtigen Richtung kommt.
Bad Hersfeld ist eine kleine, hübsche Stadt mit einer schönen Stadtkirche als Wahrzeichen. Nachdem ich durch die Altstadt geschlendert bin, habe ich noch was gegessen und mich dann auf den Weg zurück zum Hotel gemacht, da es doch noch recht warm war.


Planetenweg


Planetenweg - Saturn


Rotenburg an der Fulda


Rotenburg an der Fulda


Fuldabrücke


Melsungen


Biergarten an der Fulda
Es hat abgekühlt heute Morgen. Es ist sehr angenehm, als ich losfahre. Ich mache gleich noch einen Stopp bei einem Bäcker und kaufe zwei belegte Brötchen als Verpflegung. Dann such ich den richtigen Weg zurück zum Fuldatalradweg. Ich muss ihn aber irgendwie verpasst haben, denn ich befinde mich neben der Hauptstraße, der ich nun folge, weil die Richtung stimmt. Das Gute daran war, dass ich an einem Getränkemarkt vorbeigekommen bin und dort meine leeren Flaschen gegen volle tauschen konnte. So bin ich wieder versorgt. Wenig später gibt es dann einen Übergang über die Straße und die Bahnlinie, so dass ich wieder weg von den Autos auf dem Talradweg bin. Mein nächstes Ziel ist Rotenburg an der Fulda, was ich mir heute anschauen möchte.
Kurz nach Bad Hersfeld komme ich an einem Planetenweg vorbei, der unser Sonnensystem im Maßstab 1:2 Mrd. abbildet. Um von der Sonne zu Merkur, Venus, Erde und Mars zu kommen, ist es ein Leichtes, denn es sind nur knapp über 100 m. Schon um bei Jupiter anzukommen, muss ich in die Pedale treten und noch ein ganzes Stück mehr für Saturn und Uranus. Neptun als letzten Planeten erreiche ich erst nach 2,2 Kilometern. Um jedoch in diesem Maßstab das nächste Sonnensystem Alpha Centauri zu erreichen, müsste ich noch rund 20.000 km radeln! In der Realität ist es eine Entfernung von 4,2 Lichtjahren! Im Maßstab müsste ich also 20-mal so weit radeln, wie ich mir für den Weg an die Nordsee vorgenommen habe. Unglaublich.
Noch am Vormittag erreiche ich Rotenburg an der Fulda und schaue mir die wunderschöne Altstadt und die Häuserzeile am Fluss an. Es ist ein sehr hübsches Örtchen. Nach rund einer Stunde strample ich weiter nach Melsungen, meinem nächsten Ziel auf meiner heutigen Etappe. Überraschenderweise führt der Radweg durch das Kloster Haydau, welches heute ein Seminarhotel ist. Kurzentschlossen lege ich hier eine Pause ein und setze mich auf einen Stapel Paletten, die als Sitzgelegenheiten dort aufgestellt waren. Plötzlich tauchte ein Angestellter des Hotels auf und brachte mir das entsprechende weiche Sitzkissen dafür vorbei, sodass ich den bequemsten Platz zum Rasten hatte.
Dann fahre ich weiter, unterquere noch die beeindruckende Fuldatalbrücke der Bahn und erreiche schließlich Melsungen. Zu meiner Überraschung steht ein neues Kneippbad mit Sitzgelegenheit und Schattendach am Wegesrand, welches ich zu meiner Freude gleich benutze und in dem ich länger Rast mache.
Danach schaue ich mir die Altstadt von Melsungen ebenfalls an. Ich stelle das Fahrrad ab und laufe in der Altstadt herum. Die vielen Fachwerkhäuser sind auch hier sehr beeindruckend, wobei das besonders schöne Rathaus heraussticht.
Bei zunehmendem Wind radle ich weiter und überlege mir, weil der Wind hauptsächlich von hinten oder von der Seite weht, vielleicht doch noch, bis Kassel weiterzufahren. Aber nach einem kurzen Zwischenstopp in einem Biergarten entscheidet das Wetter, dass ich in Guxhagen Quartier nehme. Ich hoffe, noch vor dem Gewitter die drei Kilometer zur Unterkunft zu schaffen, welche ich noch schnell telefonisch reserviert hatte. Aber es ist zu spät. So probiere ich unter einer Brücke meine Regenklamotten an und aus. Es geht sehr gut. Vor allem die Gamaschen zum Schutz der Schuhe sind sehr hilfreich. Als ich ankomme, lässt es auch schon wieder nach und fängt anschließend auch nicht wieder an zu regnen. So hätte ich nach einer Pause wohl doch noch nach Kassel fahren können. Aber hinterher ist man immer schlauer.
Eine Stunde später schüttet es dann doch noch. War also gut, Quartier zu beziehen.
Heute ist es bewölkt, aber es ist kein Regen angesagt. Ich schwinge mich aufs Rad und gehe die heutige Etappe an. Es geht weiter nach Kassel, die Strecke, die ich eigentlich gestern noch machen wollte. Zum Besichtigen ist mir die Stadt heute einfach zu groß, so dass ich froh bin, nur durchzufahren. Sie markiert jedoch grundsätzlich die Halbzeit meiner Gesamtstrecke und ist somit ein Meilenstein auf meiner Tour. Bis Kassel läuft es gut, doch dann fängt es an zu tropfen und auch das Regenradar zeigt, dass wohl im Laufe des Vormittags noch mehr Regen nachkommen wird.
Ich stülpe wieder meine Regenklamotten über und fahre weiter. Es ist leichter Landregen, aber er hört über die ganze Strecke bis Hannoversch Münden nicht auf. Deshalb mache ich keine Pause, auch wenn die Strecke sehr schön ist. Der Vorteil ist, dass kaum andere Radler unterwegs sind und ich die Strecke für mich alleine habe.
Als ich in Hannoversch Münden ankomme, hört der Regen auf und ich kann die Regensachen wieder ausziehen. Ich habe Hunger und besorge mir zwei belegte Brötchen in einer Metzgerei und stärke mich. Es klart wieder auf und auch die Vorhersage für heute Nachmittag sagt keinen Regen voraus.
Ich mache hier meine große Mittagspause und schaue währenddessen noch das Städtchen mit seinen vielen Fachwerkhäusern an. Zum Abschluss besuche ich noch den Weserstein, der am Zusammenfluss der Werra und der Fulda steht und den Beginn der Weser markiert. Somit beginnt nun ein neuer Abschnitt der Tour.
Ich reserviere noch telefonisch für heute Abend eine Unterkunft in Bad Karlshafen, was ich noch erreichen will, denn ich möchte mir den Ort mit seinem geschichtlichen Hafen heute Abend noch anschauen.
Das Wetter trübt sich wieder ein und es wird auch kühler. Aber es fängt nicht an zu regnen, worüber ich froh bin. Ab Hannoversch Münden verläuft der Radweg fast ausschließlich neben der Straße entlang, was nicht so schön ist, aber wohl dem engen Tal geschuldet ist. Landschaftlich kann man nicht meckern. Es ist ein eng geschnittenes Tal und man fährt die ganze Zeit neben dem Fluss entlang. Die letzten Kilometer sind nochmals anstrengend, weil ich kräftigen Gegenwind habe. Aber dann ist es geschafft. Ich checke ein, nehme eine Dusche und ziehe warme Klamotten an, um mir das Städtchen anzuschauen, bevor ich was essen gehe.
Das Wetter ist heute wieder deutlich besser als gestern. Ich mache mich auf den Weg, kaufe zwischendurch noch etwas zum Trinken ein und genieße die Fahrt. Es gibt auch heute Wind, aber er kommt selten von vorne und schiebt stattdessen über größere Strecken von hinten. Die Landschaft ist toll, die Temperaturen sind ideal und der Radweg ist auch wieder weg von der Straße.
Kurz vor Bodenwerder komme ich direkt an der Weser an einem Kiosk vorbei und esse was. Es sind viele Fahrradfahrer, aber auch Motorradfahrer und Spaziergänger da, sodass recht viel los ist. Deshalb fahre ich weiter, um mich wenige Kilometer später auf eine Bank in die Sonne zu setzen und einfach die Natur zu genießen. Ich habe heute sogar meine erste Möwe gesehen und war überrascht, denn ich hätte die Tiere so weit von der Küste entfernt nicht erwartet.
Die letzten Kilometer waren natürlich die schwersten, aber ich habe nun Hameln erreicht. Morgen nehme ich mir eine kürzere Strecke vor. Ich werde der anstehenden Hitzewelle, die immer weiter nach Norden zieht, wohl nicht ganz entkommen können.
Heute ist die Tour irgendwie anders gelaufen, als ich gedacht hatte. Okay, die erste Hälfte hatte ich kräftigen Gegenwind, wie erwartet. Aber dann konnte ich den Weser-Radweg verlassen und auf direktem Weg zur Porta Westfalica fahren, was mir etliche Kilometer gespart hat.
Dort angekommen hatte ich noch kurz überlegt, zum Kaiser-Wilhelm-Denkmal hinaufzufahren und die sicherlich gute Aussicht zu genießen, aber die Steigung war mir zu steil und zu lang, so dass ich den Gedanken gleich wieder verworfen habe. Stattdessen mache ich eine Rast an der Weser und kehre in einem Biergarten ein.
Durch die Abkürzung erreiche ich sogar noch Minden und versuche, dort telefonisch eine Unterkunft zu bekommen, nachdem es für mich nicht so aussah, als ob in erreichbarer Entfernung weiter nördlich noch Übernachtungsmöglichkeiten vorhanden wären.
Das haben andere Radfahrer mitbekommen, mich angesprochen und mir einen Tipp zum Übernachten in Petershagen gegeben. Ich rufe gleich daraufhin dort an und reserviere für heute Abend. Damit konnte ich heute noch eine weitere Strecke nach Norden machen, so dass ich es wohl nun in zwei weiteren Tagen nach Bremen schaffen kann.
Nachdem ich die Unterkunft in Petershagen bezogen habe, gehe ich um die Ecke zu einem sehr schön gelegenen Biergarten, in dem ich dann den Nachmittag verbringe und die angenehmen Temperaturen genieße.
Danach verbringe ich noch einige Zeit am Ufer der Weser. Anschließend gehe ich noch einen leckeren Matjes essen und genieße den sommerlichen Abend.
Mein heutiges Ziel ist Hoya. Das Wetter ist immer noch ideal zum Radfahren. Es ist noch kühl am Morgen, als ich gleich nach dem Start noch Getränke holen war und mich dann auf die Strecke gemacht habe. Der Weg schlängelt sich durch die Wiesen und Felder und von der Weser ist hier im Flachland nicht mehr viel zu sehen. Ich denke, es ist heute eine Etappe, um Strecke zu machen. Deshalb habe ich auch entschieden, dass ich den Weser-Radweg verlasse und eine andere Strecke nehme, um die unzähligen Schleifen des Flusses, welchen der Radweg folgt, abzukürzen. So erreiche ich dann gegen Nachmittag mein Ziel Hoya. Dort muss ich aber leider feststellen, dass die Unterkunft, in der ich vorgesehen habe, zu übernachten, eine Baustelle ist und gerade renoviert wird. Viele andere Unterkünfte gibt es in dem Nest nicht und diese sind ausgebucht. Somit habe ich heute das erste Mal ein Thema: eine Übernachtungsmöglichkeit zu finden. Ich telefoniere noch einiges in der Umgebung ab, bis ich schließlich noch was reservieren kann. Es sind aber nochmal eineinhalb Stunden Fahrt bis nach Verden an der Aller. Es geht aber in die richtige Richtung, sodass es keinen Umweg bedeutet. Na ja: Überraschung! Aber es ist noch früh am Tag und die Beine machen noch mit, sodass es kein Problem ist. D. h., ich fahre noch nach Verden.
Während einer Pause in einer Schutzhütte entdecke ich, dass eine Schwalbe ihr Nest ins Dachgebälk gebaut hat und zwei Junge im Nest sitzen. Es begeistert mich immer wieder, die vielen Vögel zu sehen und das zahlreiche Gezwitscher zu hören. Ich habe in meinem Leben noch nie so viele Störche und Reiher gesehen wie auf dieser Tour. Auch zahlreiche Milane und Falken waren in der Luft. Ich denke, es sind diese Momente, die eine solche Tour ausmachen.
Wegen Arbeiten an neuen Hochspannungstrassen für die Energiewende muss ich zu allem Überfluss auch noch eine Umleitung in Kauf nehmen. Aber ich schaffe es und habe heute eine Etappe von mehr als 100 Kilometern hinter mir und es reicht.
Dafür ist die Etappe am heutigen Tag nach Bremen nun kürzer. Ich bin auch froh darüber. Die Hitzewelle hat nun auch den Norden erreicht und die Temperaturen liegen den Tag über deutlich über 30°C. Da ich auch heute wieder früh losgestrampelt bin, erreiche ich kurz nach dem Mittag Bremen. Die Strecke war landschaftlich so durchwachsen. Es gab auch hier noch einen Planetenweg, der für Abwechslung sorgte, und ein leichter Wind von hinten hat auch noch für etwas Unterstützung gesorgt.
Im Hotel kann ich noch nicht einchecken. Deshalb gehe ich in die Altstadt und mache ein bisschen Stadtbesichtigung bei der Hitze. Ein Eiskaffee im Schatten hilft aber ein bisschen.
Danach setze ich mich an die Promenade der Weser. Das Segelschiff „Alexander von Humboldt“ liegt hier auch, wird als Restaurant betrieben und fährt seit 2011 nicht mehr.
Die Hitze des Nachmittags verbringe ich im Hotel mit Klimaanlage. Dann mache ich mich wieder auf den Weg in die Altstadt und besuche das Schoor-Viertel. Es ist ein Kleinod in der Stadt. In dem Viertel gibt es viele kleine verwinkelte Fachwerkhäuser, in denen heute Läden und Restaurants angesiedelt sind. Ich esse zu Abend, bevor ich zur „Alexander von Humboldt“ zurückkehre und den Abend dort ausklingen lasse.
Am zweiten Tag mit so großer Hitze mache ich eine Pause und bleibe noch in der Stadt. Ich stehe etwas später auf, lasse mir beim Frühstücken Zeit und nehme anschließend das Rad, um mir den Bürgerpark anzuschauen und mich dort im Schatten der Bäume aufzuhalten.
Als ich am Universum-Museum angekommen bin, entschließe ich mich doch, hineinzugehen. Ich verbringe zwei Stunden dort. Es ist ganz unterhaltsam, aber für mich sind auch schon viele der Experimente bekannt, sodass es sich nicht unbedingt gelohnt hat.
Dann setze ich mich noch eine Weile an den Stadtwaldsee und schaue dem Treiben zu. Anschließend bewege ich mich langsam durch den Park wieder in die Stadt zurück. Den heißen Nachmittag verbringe ich im Hotel und gehe erst wieder zum Essenfassen raus. Ich gehe wieder ins Schoor-Viertel und esse einen leckeren Labskaus. Danach will ich noch wie gestern ein Bier auf der „Alexander von Humboldt“ trinken. Aber bevor das Bier kommt, erreicht die Kaltfront die Stadt und der plötzlich einsetzende Wind bringt das Schiff in Bewegung und zerrt an den Tischtüchern, so dass einige Gläser zu Bruch gehen. Ich breche ab und gehe schnellstmöglich ins Hotel zurück, und als mein Bier serviert wird, setzt das Gewitter ein und es fängt heftig an zu regnen.
Zuerst einmal muss ich mir einen Weg aus Bremen hinaus suchen, denn es gibt unzählige Radwege in der Stadt. Es läuft gut und ich folge einem Radweg, der sich wie ein grünes Band durch die Stadt nach Norden zieht. Ich folge dem Weg auf der rechten Weserseite, da ich mir noch den Denkort Bunker Valentin anschauen möchte.
Den Ort Farge erreiche ich nach knapp zwei Stunden und schaue mir den Bunker aus dem Zweiten Weltkrieg an. Ein unglaubliches, monströses Bauwerk, wie ich feststelle, als ich darumherumgehe. Den Eingang zur Gedenkstätte finde ich dann an der südlichen Seite und gehe hinein. Man kann den nach dem Krieg als Lager verwendeten Teil des Bunkers besichtigen, der Rest ist eine Ruine. Es sollte eine U-Boot-Werft werden, aber der Bunker ging nie in Betrieb.
Als ich wieder weiterradle und endgültig das Einzugsgebiet von Bremen verlasse, schlägt der angekündigte kräftige Gegenwind voll zu und ich komme bis zum Ende der Etappe heute in Bremerhaven nur langsam voran.
Ich finde, die Landschaft sieht jeweils anders aus, wenn man sich vor oder hinter dem Deich befindet. Leider führt kein Weg auf dem Deich entlang, so dass man eine bessere Aussicht hätte.
Als ich an einer Bude vorbeikomme, gönne ich mir zur Belohnung ein richtiges Krabbenbrötchen, setze mich an das Ufer und mache eine Pause.
Kurz vor Bremerhaven lege ich nochmals einen längeren Stopp ein und setze mich auf eine Bank auf dem Deich. Ich lasse den Blick über die Landschaft schweifen, bevor es wieder in eine Stadt geht. Der Wind war dabei so stark, dass er mein abgestelltes Fahrrad umgeworfen hat.
Kurze Zeit später erreiche ich schließlich Bremerhaven, lege mein Zeug im Hotel ab, mache mich frisch und gehe anschließend, die Stadt bzw. eher den Hafen, anschauen. Als erstes treffe ich zu meiner Überraschung auf das Museums-U-Boot Typ XXI aus dem Zweiten Weltkrieg, dem ersten wirklichen U-Boot der Welt. Denn alle bis dahin konstruierten Boote waren nur Tauchboote, die nur kurze Zeit unter Wasser operieren konnten und hauptsächlich über Wasser fuhren. Ich musste natürlich dieses Relikt gleich besichtigen.
Danach erkunde ich noch weitere Exponate, die bemerkenswert sind. Der erste Hafenschlepper mit Voith-Schneider-Antrieb, das erste jemals gebaute Schiff mit Betonrumpf und auch das erste Tragflächenboot der Welt.
Ich bin beeindruckt, vor allem weil der neue Hafen hier mit weiteren Museumsschiffen aufwarten kann. So auch das Schulschiff Deutschland, welches dort nun seit rund 4 Jahren liegt. Der Hafen wird von neuen modernen Wohngebäuden umgeben, es sind die sogenannten Hafenwelten.
Ich denke, die Hafengestaltung ist sehr gelungen und touristisch attraktiv. Ich schlendere eine ganze Zeit dort umher und finde ein Restaurant. Zum Abendessen gab es erneut ein Labskaus.
Ich breche zu meiner letzten Etappe nach Cuxhaven auf. Der Wind ist mir heute gnädig und weht von der Seite und von hinten. Die Strecke ist nicht mehr lang, so kann ich mir Zeit lassen. Als ich Bremerhaven verlasse, radle ich durch das Gebiet des Hafens und kann von der Straße aus viel sehen. Weil Bremerhaven sehr viel RoRo-Fracht umschlägt, sind sehr viele Gerätschaften zu sehen. Natürlich viele Autos, Busse, LKW. Aber auch Baumaschinen, Landmaschinen, Bergbaugerät und vieles mehr. Ich bin beeindruckt, da es natürlich spannender ist als nur Container.
Anschließend radle ich ausschließlich an der Küste entlang und dabei vor allem vor dem Deich, was herrlich ist. Die Sonne scheint, ich komme durch den Rückenwind schnell voran und mache deshalb zwischendurch immer mal wieder eine Pause, wobei ich den Ausblick aufs Wattenmeer genieße, während das Wasser gerade abläuft.
Dann komme ich in der Unterkunft in Cuxhaven an und packe erst einmal aus, weil ich für vier Nächte bleiben möchte. Gleich im Anschluss schnappe ich mir wieder das Fahrrad und fahre noch zum nördlichsten Punkt von Niedersachsen, zur Cuxhavener Bake, und habe damit mein Ziel endgültig erreicht. Dort setze ich mich erst einmal hin und genieße es ausgiebig, dass ich es doch tatsächlich mit dem Fahrrad bis an die Nordsee geschafft habe. Ich kann es kaum glauben.
Anschließend besichtige ich noch das Zentrum von Cuxhaven, esse ein Fischerfrühstück zur Feier des Tages und radle anschließend nach Sahlenburg in die Unterkunft zurück.
Ich entschließe mich, mir heute einen Strandkorb zu mieten und einen gemütlichen Tag am Strand zu verbringen. Ich fahre dazu das kurze Stück mit dem Rad und suche anschließend eine ganze Weile „meinen“ Strandkorb. Schließlich finde ich ihn, schließe ihn auf und drehe ihn als Erstes mit dem Rücken zum Wind. Ich bin heute der Einzige hier am Strand und bleibe es auch den ganzen Tag. Das Wetter ist grau und es gibt immer mal wieder einen Regenschauer. Es sind deshalb nur vereinzelte Hundebesitzer unterwegs. Erst nach dem Mittag geht’s los. Das Wasser ist schon kräftig abgelaufen, als plötzlich mehr als ein halbes Dutzend Pferdegespanne und in deren Gefolge gefühlte Hundertschaften ihre Wattwanderung beginnen. Es sind überall im Watt schwarze Punkte zu sehen. Wo kommen die plötzlich alle her?
Gehen Am späten Nachmittag wird es mir dann doch zu kalt und ungemütlich, sodass ich mich in die Unterkunft zurückgezogen habe.
Heute war den ganzen Tag Regen vorhergesagt und ich habe mich deshalb dazu entschlossen, einen Tag in der Sauna zu verbringen. Schnell an der Kasse einen Bademantel und ein Handtuch geliehen und schon hatte ich Zutritt.
Gegen Mittag hatte ich schon Zweifel, ob es die richtige Entscheidung für heute war, denn die Sonne schien vom blauen Himmel. Aber am Nachmittag hat dann doch der Regen eingesetzt und ich habe im warmen Ruheraum gelegen.
Ich habe nicht allzu viel vor heute Morgen und so lasse ich es langsam angehen. Ich fahre an den Strand und spaziere dort ein wenig herum und beobachte das Treiben der wenigen Leute.
Gegen Mittag, als es zu tröpfeln anfängt, buche ich doch noch eine Wattwagenfahrt für den Spätnachmittag nach Neuwerk, obwohl ich wegen des Wetters skeptisch bin. Aber da heute mein letzter Tag in Cux ist, geht es wohl nicht anders, wenn ich das noch machen will. Die Zeit bis zur Abfahrt verbringe ich in der Unterkunft, um den Schauern zu entgehen und dem Wasser Zeit zu geben, sich zurückzuziehen.
Dann ist es so weit, dass meine Wattwagenfahrt startet. Ich bin sehr überrascht, als doch fünf Pferdewagen um die Ecke biegen und die letzten Mitfahrer hier am Strand abholen. Ich hätte nicht gedacht, dass so viele Leute heute nach Neuwerk rüberfahren wollen. Ich bin mal gespannt, ob wir durchkommen, denn vor zwei Tagen war der Priel so tief, dass die Gespanne umkehren mussten.
Es ist schon ein wenig seltsam, wenn man vom Strand auf den Meeresboden hinausfährt. Der Wind weht uns kräftig ins Gesicht, aber die Wolken scheinen weniger zu werden. Wir fahren den Wegmarken entlang, da man im Watt nicht einfach querfeldein unterwegs sein kann. Die ersten Pfützen sind gar kein Problem, aber dann wird es schnell ziemlich tief, denn um rechtzeitig wieder zurück zu sein, sind wir zwei Stunden vor dem Niedrigwasser losgefahren. So kämpfen sich die Pferde durch den sicherlich noch rund einen Meter tiefen, 500 m breiten Priel. Ich bin beeindruckt. Der Kutscher erklärt uns dann, dass die Pferde rund zwei Jahre trainiert werden müssen, bis sie bei der Sache hier mitmachen. Respekt!
Ich genieße die Fahrt. Der Himmel zeigt nun auch blaue Stellen und hin und wieder kommt auch die Sonne raus. Möwen und Austernfischer kreisen und kreischen, und am Horizont sind unser Ziel Neuwerk in der einen Richtung und in der anderen die Containerriesen im Fahrwasser der Elbe zu sehen.
Aus Dunen schließt sich noch ein weiteres Pferdefuhrwerk uns an und nach gut eineinhalb Stunden erreichten wir die Insel Neuwerk und damit Hamburg, was irgendwie auch komisch klingt.
Es gibt nur einen kurzen Aufenthalt von knapp einer halben Stunde, bevor wir wieder zurückfahren. Ich nutze die Zeit, gehe auf den Deich und schaue mich um.
Auf dem Rückweg ist das Wasser nun auf dem niedrigsten Stand und wir können sogar die pazifischen Austernbänke trocken liegen sehen, die wohl irgendwann im Ballastwasser von Schiffen eingeschleppt worden und nun unter dem Schutz des Nationalparks gedeihen.
Als wir wieder am Strand ankamen, war es bereits Zeit, was essen zu gehen, so dass es damit noch zu einem schönen Abschluss kam.
Ich verlasse Cux wieder und möchte noch in den nächsten Tagen die Elbe hochfahren. Dazu mache ich heute die erste Etappe nach Stade. Die Distanz ist zwar recht groß, aber heute herrscht kräftiger Westwind, der mich sicherlich gut anschieben wird. Ich breche früh auf, fahre noch am Supermarkt vorbei und nehme beim Bäcker nebenan ein Frühstück, weil ich so früh in der Unterkunft noch keines bekommen habe. Gut gestärkt und mit Verpflegung ausgestattet fahre ich los. Der Wind schiebt von Anfang an gut an. Ich finde den Elbe-Radweg und bin beeindruckt von den riesigen Windkraftfabriken am Rande der Stadt Cuxhaven, an denen ich vorbeikomme. So bleibe ich auf der Strecke. Ich nehme natürlich den Weg vor dem Deich, damit ich einen besseren Blick auf die Elbe habe. Es sind viele große Schiffe unterwegs zu sehen. Echt klasse! Am Deich gibt’s zahlreiche Schafweiden und ich muss immer wieder abbremsen und ein Gatter aufmachen. Aber der Ausblick entschädigt und die Schafe haben hier die Ruhe weg. Sie stehen oder liegen auf dem Weg und es kümmert sie nicht, wenn ich an ihnen vorbeifahre. Ungewöhnlich.
Dann geht’s weiter hinter den Deich nach Neuhaus. Anschließend fahre ich einen kleinen Umweg und fahre an den Deich, schaue mir kurz den historischen Leuchtturm Balje an und mache dort eine längere Pause, weil auf der Elbe sechs riesige Containerschiffe zu sehen sind. Was für eine große Anzahl! Als ein 400-m-Pott von OOCL auf meiner Höhe ist, begleite ich das Schiff elbabwärts und kann es in der nächsten halben Stunde knapp hinter mir lassen, als ich, angeschoben vom Wind, in Rekordgeschwindigkeit vorankam.
Als ich dann nach Freiburg abbiegen und damit kurzzeitig gegen den Wind treten musste, hat er mich natürlich wieder locker überholt. Zumal ich in Winschhafen über das Sperrwerk und damit wohl über die sicherlich interessantere Route fahren wollte. Die Klappbrücke des Sperrwerks ist aber unter der Woche dauerhaft geöffnet und somit nicht passierbar. Deshalb musste ich wieder zur Hauptstraße zurück, um auf die alternative Route abzubiegen.
Dann geht es die restlichen Kilometer nach Stade. Als ich wieder ans Ufer der Elbe komme, ist der Frachter bereits die Elbe rauf und fast außer Sichtweite. Ich strample noch recht kräftig, um Stade zu erreichen. Zwei Schauer kommen noch dazwischen, weswegen ich mich noch in die Regenklamotten werfen musste. Dann erreichte ich am Nachmittag Stade und mache mich erst einmal im Hotel frisch und hänge die Sachen im Hotelzimmer zum Trocknen auf.
Anschließend will ich noch ein bisschen durch die Altstadt bummeln, aber ich komme nicht weit und setze mich im Außenbereich einer Bar unter einen Schirm und genieße ein Bier. Dabei lasse ich es mir gut gehen und die nächsten Schauer passieren.
Ich verbringe den Tag ganz entspannt in Stade. Schlendere durch die Stadt und genieße den Tag bei heiterem Wetter in einem Café mit Blick auf den alten Fischhafen.
Abends gehe ich lecker essen. Ebenfalls am alten Fischhafen.


Altes Land


Airbus Finkenwerder


Hamburg Altona


Hamburg St. Pauli


Hamburger Hafen


Hamburg Harburg


Harburg Bahnhof
Es ist mein letzter Tag und ich radle noch bis Hamburg, um einen würdigen Abschluss hinzubekommen. Es ist deutlich wärmer, habe dafür aber weniger Rückenwind. Nichtsdestoweniger erreiche ich Finkenwerder recht flott, wo ich die Fähre auf die andere Elbseite nehmen will. Der Radweg führte leider auf dem Weg dorthin nicht, wie von mir erwartet, an den alten Bauernhäusern im Alten Land vorbei, so dass es am Wegesrand nicht allzu viel zu sehen gab. Vom Airbus-Gelände war ich dafür sehr beeindruckt, da ich es seit rund zwanzig Jahren nicht mehr gesehen hatte und es mittlerweile stark gewachsen ist.
Die Fähre verpasste ich knapp, sodass ich relativ lange warten muss. Dafür ist die Strecke auf der nördlichen Seite toll und ich schau mir auch noch das Dogland-Gebäude an. Woran ich bisher immer nur vorbeigefahren bin. Man hat eine tolle Aussicht vom Dach aus auf den Hafen und die Elbe.
Dann radle ich am Fischmarkt vorbei zu den Landungsbrücken. Dort will ich durch den alten Elbtunnel und durch den Hafen nach Harburg weiterfahren, aber ausgerechnet heute ist der Tunnel gesperrt.
Nun muss ich mir was überlegen, denn ich möchte eigentlich nicht auf die Fahrt durch den Hafen verzichten. Eine direkte Fähre fährt erst wieder in knapp drei Stunden, ist also keine Lösung.
Aber die Fähre zur Elfi macht auch einen Stopp auf der anderen Seite, so dass ich dann zwar den Elbe-Radweg wiederfinden muss, ich aber weiterkomme. So nehme ich die nächste Fähre und finde anschließend auch den Radweg nach Harburg problemlos. Der Radweg ist nicht so interessant wie erhofft, aber ich erreiche schließlich meinen Fluchtpunkt und will mit der Bahn nach Hildesheim fahren, wo das Auto steht, um mich dann endgültig auf den Heimweg zu machen.
Ja, aber ich habe die Rechnung mal wieder ohne die Bahn gemacht. In Uelzen kommt der Zug zum Stehen und fährt nicht mehr weiter. Die Strecke ist wegen Oberleitungsschaden und Böschungsbrand gesperrt. Irgendwie kann niemand sagen, wie es weitergeht. Es ist ein Busersatzverkehr mit nur zwei Bussen eingerichtet. Diese sind überlastet und mit dem Fahrrad kann ich das sowieso vergessen. Der nächste angekündigte Zug fällt ebenfalls aus und wann die Strecke wieder frei sein wird, ist auch unklar. Es gibt noch den „tollen“ Ratschlag vom Bahnmitarbeiter, wieder zurück nach Harburg zu fahren und einen Zug über die Strecke Buchholz zu nehmen, aber leider ist dem Bahnmitarbeiter nicht bekannt, dass diese Strecke wegen Bauarbeiten ebenfalls gesperrt ist. Ich schaue deshalb schon mal nach Übernachtungsmöglichkeiten. Es ist aber alles ausgebucht oder sehr teuer.
Dann ergibt es sich durch Zufall, dass Helmut auftaucht, der mit einem weiteren Zug hier angekommen und gestrandet ist. Er spricht gerade mit anderen Radfahrern und sagt, dass er mit dem Rad nach Celle fährt. Ich schließe mich spontan an und so sind wir zu zweit mit den Rädern unterwegs nach Celle. Es sind also weitere zweieinhalb Stunden kräftiges Strampeln angesagt. Aber wir schaffen es und stellen fest, als wir am Bahnhof ankommen, dass sich das Chaos immer noch nicht gelöst hat und wir damit alles richtig gemacht haben.
In einer halben Stunde fährt ein Zug nach Hannover und ich komme zwar sehr spät in Hildesheim an, aber ich habe es noch geschafft und konnte dann in die Nacht hinein auf einer leeren Autobahn nach Hause fahren und war am frühen Morgen wieder daheim.