Mir war nicht ganz klar, was mich heute erwarten wird. Als ich aufstehe, ist es gering bewölkt und ich freue mich, an den Strand zu gehen, und hoffe auf entsprechend große Wellen. So bin ich rund eine Stunde nach dem Sonnenaufgang bereits am Strand. Ich bin einer der Ersten, die das Auto dort abstellen. Mein Blick schweift über den Strand und ich finde, die Wellen sind ordentlich groß. Auf den zweiten Blick erkenne ich, dass wohl schon bereits Tow-in-Surfer im Wasser sind. Jedenfalls sehe ich aus der Ferne Jetskis in den Wellen. Ich habe den ganzen Rucksack mit dabei, weil ich nicht weiß, ob ich die lange Linse heute brauchen kann, nachdem ich sie nun seit Wochen mit mir herumschleppe.
Ich gehe gleich in Richtung des Leuchtturms, weil in diesem Strandabschnitt direkt daneben die größten Wellen auftreten. Ich werde nicht enttäuscht und bin begeistert. Die Sonne scheint und die Surfer zeigen, was sie können. Die Wellenhöhe ist schwer abzuschätzen, wird aber bei den größten, die gerade anbranden, wohl so zwischen sechs und acht Metern liegen. Ich stehe fasziniert am Strand und schaue den Wellen und den Surfern zu.
Als ein Surfer sein Brett verliert, welches an den Strand gespült wird, fährt ihn der Jetskifahrer an den Strand und man erkennt erst dadurch, wie stark die Brandung ist, weil der Surfer echt kämpfen muss, um aus dem Wasser zu kommen. Als er sich dann sein Brett wieder geschnappt hat, muss der Jetskifahrer ihn zuerst wieder aufnehmen, was auch nicht immer gleich beim ersten Mal klappt. Wenn dies dann erfolgt ist und der Surfer wieder auf dem Schleppboard liegt, muss man erst einmal wieder durch das brodelnde Weißwasser hinauskommen. Dabei springen die Jetskis regelrecht über die sich brechenden Wellen. Echt faszinierend, zuzuschauen.
Die Sonne steigt höher und nach einer Weile gehe ich ein wenig die Klippen hinauf, um einen anderen Winkel zu bekommen. Dort treffe ich, wie sich herausstellt, auf einen Profifotografen. Er kommt aus Australien und fotografiert seit rund fünfzig Jahren den Surfsport. Er ist bereits seit drei Wochen hier und versichert mir, dass heute der erste Tag ist, an dem es hohe Wellen, Surfer und Sonnenschein gibt. Ich habe schon ein riesiges Glück, heute etwas vor die Linse zu bekommen. Ich bin glücklich, weil ich gehofft hatte, dass es Big Waves gibt und ich auch Surfer sehen werde.
Als ich noch weiter die Klippe hinaufsteige, bemerke ich, dass die Surfer nicht mehr im Wasser sind und auch, dass die Wellen gerade kleiner werden. Das macht aber nichts, denn ich verbringe die Zeit am Leuchtturm und schaue mir die Ausstellung an, in der detailliert erklärt wird, warum es in Nazaré so hohe Wellen gibt. Um es knapp zu beschreiben: Es gibt durch einen unterseeischen Graben Resonanzen in den Wellen, die deshalb doppelt so hoch werden wie die ursprünglichen Wellen. Was interessant ist zu erfahren.
Danach gehe ich gemütlich zurück zum Auto, fahre in meine Unterkunft und überlege mir, was ich nach Nazaré die nächsten Tage noch machen will. Dabei komme ich einen Schritt weiter. Aber ich möchte nicht zu viel Zeit damit vergeuden, sondern das schöne Wetter genießen, und so schlendere ich noch ein wenig die Promenade des Strandes Praia da Nazaré entlang und fahre auch mit der Standseilbahn auf die Klippen hinauf. Von oben genieße ich die Aussicht auf die Promenade, den Strand und die Stadt. Der Ort besitzt viele enge Gässchen und eine sehr schöne Kirche, hier sowohl unten als auch hier oben auf den Klippen. Im Anschluss gehe ich zu Fuß wieder hinunter.