Ich bin wieder früh unterwegs, gehe zu Fuß nach Gibraltar rüber und muss dazu nur kurz meinen Pass hochhalten. Gleich hinter der Grenze kommt dann schon das erste spektakuläre Erlebnis des Tages: Ich gehe zu Fuß über die Landebahn des Flughafens. Autos dürfen, wie in der Vergangenheit, nicht mehr rüberfahren. Für sie wurde am östlichen Ende ein Tunnel unter der Landebahn gebaut, aber Fußgänger und Fahrradfahrer kreuzen nach wie vor die Landebahn. Echt cool. Da sich der Felsen in Wolken hüllt und es erst am Nachmittag aufklaren soll, entscheide ich mich, zuerst die östliche Küste zu besuchen.
So biege ich gleich nach links ab und gehe an die Ostküste, da sich hier die Morgensonne zeigt. Ich hatte den Plan, die ganze Ostküste bis zum Europa Point hinunterzugehen. Zuerst komme ich an dem recht idyllischen East Beach vorbei und danach an der Sandy Bay. Ich genieße hier die Ruhe am Morgen, denn es sind keine Leute unterwegs. Als ich dann zum Dadly-Walt-Tunnel komme, gibt es keinen Fußweg mehr und ich weiß nicht so recht, was ich machen soll. Als ich eine junge Frau zu Fuß aus dem Tunnel kommen sehe, entscheide ich mich auch dazu, illegal durchzumarschieren, denn es ist eigentlich verboten. Es ist recht eng, aber wenigstens gut beleuchtet. Die Luft ist schlecht und so beschleunige ich meinen Schritt, um so schnell wie möglich auf die andere Seite zu kommen. Nach gut einer Viertelstunde ist es geschafft und die erste frische Luft tut wieder gut, ebenso wie das Tageslicht und der Blick aufs Meer. Ich gehe weiter und entdecke, dass sich hier auch die Müllkippe von Gibraltar befindet. Der Geruch verfolgt mich durch die aktuelle Windrichtung noch eine ganze Weile. Schließlich erreiche ich Europa Point und bin wieder von Touristen umringt. Der Ausblick auf den Leuchtturm und die Straße von Gibraltar ist jedenfalls toll. Es ist heute sogar Afrika zu erkennen, wenn auch nur leicht im Dunst.
Es ist bereits fast Mittag, so dass ich mich nun auf den Weg mache, den Felsen zu erklimmen, auch wenn es noch nicht so aussieht, als würden sich die Wolken verziehen. Ich gehe zum Jewish Gate und bezahle meinen doch recht ordentlichen Eintritt. Ich habe mich dazu entschieden, den Felsen über den spektakulärsten Weg zu besteigen, die Mediterranean Steps. Dieser Weg führt über die östliche Flanke steil und in vielen Stufen nach oben. Der Vorteil ist, dass ich alleine bin und die Ruhe und die spektakulären Aussichten genießen kann. Zwischendurch treffe ich immer wieder auf alte Befestigungen und Unterstände, die noch aus den zahlreichen Kriegen vorhanden sind. Dann erreiche ich die Spitze direkt an der O’Hara’s Battery, die ich mir gleich anschaue. Das Geschütz konnte Geschosse bis zu 28 km weit feuern, damit afrikanisches Festland erreichen und somit die Meerenge von Gibraltar kontrollieren. Es war sehr interessant, die zahlreichen unterirdischen Einrichtungen zu besichtigen, die für den Betrieb des Geschützes notwendig waren.
Ich bewege mich in Richtung der Seilbahnstation und komme am Skywalk vorbei, einer gläsernen Plattform über dem Abgrund. Für mich jedoch nicht so wahnsinnig aufregend, auch wenn der Ausblick schön ist. Gleich anschließend treffe ich auf die berühmten Berberaffen. Diese sind derart an die Menschen gewöhnt, dass sie selbst auf Leute draufspringen und sich nicht gestört fühlen, wenn man sich ihnen nähert. Ich verbringe eine ganze Zeit dort, weil es einfach faszinierend ist, die einzigen „wild“ lebenden Affen Europas zu beobachten.
Dann nehme ich einen kleinen Snack an der Bergstation der Seilbahn, gehe wieder zum Queen’s-Balcony-Aussichtspunkt und zur Saint-Michael’s-Cave, einer Karsthöhle, die zu einem Konzertsaal ausgebaut und in großen Teilen speziell illuminiert ist. Echt sehenswert. Auf dem Weg zum Belagerungstunnel konnte ich dann doch nicht von den Affen lassen und habe mir jedes Mal Zeit genommen, wenn ich wieder welche gesehen habe.
Zum Abschluss habe ich dann noch den Belagerungstunnel aus dem 18. Jh. angeschaut und war von den Ausmaßen der Tunnel für ihre damalige Zeit sehr beeindruckt. Dann hat es mir doch gereicht, auf dem Felsen „herumzukrabbeln“, und ich bin in die Stadt zurückgegangen. Was mir hier natürlich auffällt, ist das Britische in der Architektur und im gesamten Erscheinungsbild der Stadt. Echt faszinierend. In einem englischen Pub kehre ich zum Abendessen ein und nehme ein britisches Pint.
Schließlich verabschiede ich mich endgültig von Gibraltar. Hatte noch kurz überlegt, mit dem Auto nochmals reinzufahren, um den Tank zu füllen, aber der Preisunterschied zu spanischen Billigtankstellen ist nicht gravierend genug, um den Aufwand zu rechtfertigen, und so genieße ich nach einer Dusche den Abend noch auf meinem Balkon bei einem Bier.